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Nach der Pandemie: Zurück zur Normalität?

Was auch immer die Sehnsucht der Menschen sein mag: So, wie es vor Corona war, darf es nicht mehr werden. Ich möchte gerne die Dynamik der Erfahrungen aufgreifen, die ich glaube zu erkennen, und sie mutig für notwendige Veränderungen nutzen. Zumindest für das Nachdenken über sie. Und da das Wissen begrenzt, die Phantasie aber unbegrenzt ist, wie Einstein hellsichtig erkannte, bin ich immer zu phantasievollen Gedankenexperimenten bereit: "Die Gedanken sind frei", titelte eine politische Emanzipationsbewegung, ich befinde mich also in guter Gesellschaft! Ich bin der Meinung, dass uns die Pandemie-Erfahrung geradezu nötigt, uns als soziale Gesellschaft neu zu erfinden, unsere Zukunft gemeinsam anders zu gestalten, indem wir zunächst gemeinsam darüber nachdenken. Wie hätten wir's denn gern? Was lehrt uns die Corona-Zäsur? Wir können mehr, wir sind besser als es die Situation vor Corona nahelegt.

Ich bin auch dann in guter Gesellschaft, wenn ich mich an die auffordernden Zeilen von Lothar Zenetti halte, die sich auf den pathetischen Schwingen einer choralartigen Vertonung von Konstantin Wecker tief ins Gemüt eingedrungen sind:

„Was keiner wagt, das sollt ihr wagen 
was keiner sagt, das sagt heraus
was keiner denkt, das wagt zu denken
was keiner anfängt, das führt aus

Wenn keiner ja sagt, sollt ihr's sagen
wenn keiner nein sagt, sagt doch nein
wenn alle zweifeln, wagt zu glauben
wenn alle mittun, steht allein

Wo alle loben, habt Bedenken
wo alle spotten, spottet nicht
wo alle geizen, wagt zu schenken
wo alles dunkel ist, macht Licht.“

Themen in diesem Zusammenhang sind u. a.: Marktwirtschaft und Kapitalismus, Individuelles Verhalten und soziale Kommunikation, Europa und internationale Zusammenarbeit, Klimaentwicklung, und noch vieles mehr. Fragen, die mich beschäftigen, möchte ich gerne mit möglichst vielen diskutieren, verbindlich im Umgangston und konsequent in der Argumentation. Zu dieser Diskussion quasi aufgefordert hat mich auch ein Kommentar von Samira El Quassil, die den klugen Satz gesagt hat:  "Eine Politik, die es nicht hinkriegt, Menschen an der Außengrenze so zu retten, dass sie nicht elendig verrecken (kommen Sie mir nicht mit den 50 Kindern), aber mit Frühlingseifer Erntehelfer aus dem Ausland einfliegen lässt beziehungsweise lassen muss, um den nationalen Spargelhaushalt aufrechtzuerhalten, kann nie normal gewesen sein." (SPIEGEL online, 16.04.2020)

Vor diesem Hintergrund ist die Frage, was denn für uns normal sei, eine Frage, die sich dringend stellt. Denn wir haben als Gesellschaft nur selten die Chance, gemeinsam eine Zukunft uns auszudenken, und sie umzusetzen. jenseits von oft berechtigten Bedenken, von blöden Erfahrungen in der Vergangenheit, von begründetem Zorn auf die Sackgassenökonomie der Etablierten und Verantwortlichen möchte ich mich die Zornesenergie nutzen, um Zukunft zu gestalten. Ich orientiere mich ausschließlich an der Frage: "Wie kann etwas möglich werden?" Und nicht mehr an der Frage: Wer ist schuld daran?"  

Der ganze motivierende Artikel von Samira El Quassil ist hier zu lesen: Zurück zu etwas Neuem

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Freier Markt und staatliche Intervention

Welche Konsequenzen ziehen wir aus der Erfahrung der Corona-Pandemie? Ich halte es für sehr vernünftig, über all das nachzudenken, was für unsere Gesellschaft wirklich grundlegend wichtig ist, alles zu hinterfragen, kritisch zu würdigen. Dass sich durch die aktuellen Erfahrungen die Prämissen verschieben, ist evident. Auch wenn gerade einige sehr uneinsichtige Potentaten wie Trump und Bolsenaro umstandslos eine Rolle rückwärts ankündigen, in den status quo ante.  Stichworte zum Nachdenken sind z. B. Bezahlung von Pflegekräften, Versorger und Dienstleister im Gesundheitsbereich, aber auch im Mobilitäs - und Energieversorgungsbereich, Nahrungsmittel, Kulturbetriebe, etc. Welche Bedeutung haben sie für uns? Und was müssen wir tun, damit sie ihrer bedeutung angemessen funktionieren können?

Viel prinzipiellere Fragen drängen sich plötzlich auf: Brauchen wir einen strikten staatlichen Zugriff auf unser Gesundheitssystem? "Auf jeden Fall", höre ich meine innere Stimme mit Verve sagen! Aber vielleicht braucht es noch viel mehr staatliche Intervention. Die alte Frage nach der Verstaatlichung drängt sich vor die Pupillen, die geistigen. NEIN, das hat nichts mit Kommunismus zu tun. Natürlich nicht. Lassen wir doch diese alten Etiketten weg, sie helfen nicht weiter! Aber wenn die Privatisierung im Gesundheitsbereich zu dem Zustand führt, den wir gerade erleben, dann ist das doch eine naheligende Frage Die Garantie, dass allen die aktuell beste medizinische Versorgung zusteht, und sie sie auch bekommen (!), lässt sich meines Erachtens nur staatlich sicherstellen.

Ganz bestimmt nicht, indem Kliniken als Unternehmen geführt werden, die Rendite erwirtschaften müssen. Diese Art ökonomische Rentabilität verliert, wie man gerade erleben kann, die Menschen aus den Augen, denn die werden auf einen Kostenfaktor reduziert. Das Mantra der neoliberalen Ideologie, der Markt regle alles, ist gehörig ins Wanken gekommen. Auch bei den bisherigen Verfechtern der reinen Marktlehre. Es gibt inzwischen einige Erfahrungen, die zu vernünftigen Argumenten führen, stärker in den Markt einzugreifen. Denn das einzig wichtige Ziel für eine Gesellschaft ist doch die Frage, ob Entwicklungen den Menschen nützen. Die Priorisierung der Marktrendite führt in die Irre, wie wir sehen können!

Ein guter Einstieg ist mit diesem Artikel aus ZEITonline gemacht: ZEIT Der Markt regelt es nicht

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Eine Art Vorwort!

Bevor es losgeht mit dem Dialog, gestatte ich mir einige Bemerkungen zum Warum, Was und Wie. Mir kam die Idee, mit Menschen über die aktuelle Situation zu reden. Digital! Ich weiß auch nicht, wie das passieren konnte, gleichwohl - so isses! Wenn ich allerdings ins Netz schaue, in die sogenannten sozialen Medien, die auch nicht tatsächlich sozial sind sondern frecherweise nur die positive Konnotation des Begriffs nutzen, dann scheinen mir einige Vorbemerkungen angebracht.

Zunächst: Der Ton macht die Musik. Das ist mir, nicht nur weil ich mich auch gerne als Musiker bezeichne, wichtig. Als Pädagoge, der lehrt, berät, begleitet, zuhört, vorträgt, streitet, schweigt, schlichtet, redet, widerspricht, kommentiert, mitfühlt, diskutiert und vieles mehr, bin ich täglich mit der kommunkativen Unerfahrenheit, ja Unbeholfenheit der Menschen konfrontiert, Substanzlosigkeit wortreich dargeboten! Georg Schramm meinte einst, dass die Bedeutung der Sprache im "Brackwasser der Beliebigkeit" untergegangen sein wird. Irgendwann. Vielleicht ist die Coroan-Zäsur ein Innehalten zur rechten Zeit!

Es geht also vor allem um die Schwierigkeit, miteinander so ins Gespräch zu kommen, dass man das auch gerne will, miteinander reden. Dafür gibt es, wie immer, sehr förderliche, und sehr hinderliche Verhaltensweisen. Beispielsweise hilft es enorm, wenn jemand Interesse zeigt an dem, was ein/e andere/r sagt. Interesse erkenne ich ausschließlich daran, ob mein*e Gesprächspartner*in nachfragt. Und zwar zu etwas, was sie/er vorher beim Zuhören gehört hat. Was auch hilft, ist eine vornehme Zurückhaltung beim Formulieren von scheinbaren objektiven Wahrheiten. Ein vorsichtiges, differenziertes, wägend-tastendes Formulieren, gerne auch fragend, ist eine gute Voraussetzung, damit Zuhören besser klappt. Ja, ich weiß, das kann einem schon mal auf den Wecker gehen, und der Satz von Franz-Joseph Degenhardt, "Zwischentöne sind nur Krampf im Klassenkampf", kommt wie ein literarisch sanktioniertes, und politisch geweihtes Dogma daher. Aber ich will dieser trotzdem unzulässigen Reduzierung auf ein alternativloses "Entweder-oder" wiederstehen, und mit der Sprache vorsichtig und differenziert umgehen. Und erwarte das auch von allen anderen.

Was in jedem Gespräch immer hilft ist der gegenseitige Respekt. Ich mache fehlenden Respekt in der Kommunikation daran fest, ob jemand Inhalte oft wiederholt, getreu dem Motto "es ist alles gesagt, nur noch nicht von mir!". Respektlos ist es auch, wenn jemand Sätze (in einem geologisch überschaubaren Zeitraum) nicht vollendet, anderen dazwischenredet, mit Unterstellungen arbeitet, mit Klischees, mit Vorurteilen, oder wortreich Phrasen aneinanderreiht. Auch wenn jemand nicht auf das eingeht, was davor gesagt wurde, mangelt es an Respekt. Sicher auch dann, wenn jemand immer zunächst intensiv und ausdauernd nach der/dem Schuldigen sucht. Was mich nachgerade erzürnt ist die Besserwisser-Attitüde des "Ich habe recht, Du nicht!" Eine Haltung, die, wiewohl weit verbreitet, jedes Gespräch sofot beendet. Das alles halte ich für vergeudete Lebenszeit!

Die Motivation für ein Gespräch ist immer ein Erkenntnisinteresse, das Ziel eines Gesprächs ist deshalb immer die Befriedigung dieses Interesses. Dabei ist Verstehbarkeit der zentrale Erfolgsfaktor. Es geht immer um die Argumentation, um das bessere Argument, es geht niemals um die Frage, wer der bessere Mensch sei. Es geht deshalb darum gemeinsam auszuloten, wo und wie Zukunft gestaltet werden kann, wie Zusammenarbeit gelingen und Kommunikation verbessert werden kann. Kleiner Hinweis am Rande: Ich ziehe den Begriff Kooperation derm Begriff Kollaboration vor, der in der deutschen Sprache historisch belastet ist. Soweit, so gut!

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